Ich habe mich immer wie ein Außenseiter gefühlt, der nirgends so richtig reinpassen wollte. Beginnend mit dem Namen „Schwächling“, den mir mein Vater schon in jungen Jahren gegeben hatte und der mich seither begleitete; später dann, als sich zeigte, dass sich meine Art die Welt zu sehen und zu verstehen, auch von den anderen Grisha-Schülern unterschied. Es schien, dass anfangs einzig Kirigan Verständnis für mich hatte.
Als ich mit acht Jahren in den Kleinen Palast kam und die Künste der Durasten lernen sollte, habe ich mich in diese Aufgabe hineingestürzt. Nichts gab es, was mich mehr fasziniert hätte. Meine Gedanken drehten sich nur noch um die Steine, Hölzer und Metalle. Ich fühlte mich mit meinen neuen Aufgaben wohler und mehr Zuhause als mit den Menschen, die mich umgaben. Man sagt mir nach, dass ich ein begabter Durast bin und hochintelligent dazu. Nur mit dem Zwischenmenschlichen habe ich meine Schwierigkeiten.
Ich habe dem Dunklen treu gedient, auch noch, als er Ungeheures von mir verlangt hatte.
Doch ich habe ihm auch den Rücken zugekehrt und das sollte ich wohl mit meinem Tod büßen. Zumindest beinahe. Der Kampf mit einem Nichevo'ya hat mich in dein Dorf geführt. Schwerverletzt, bewusstlos und als Grisha nicht zu erkennen, fand man mich und du warst diejenige, die mein Leben rettete.

Du bist in einem kleinen Dorf südlich von Keramzin, Ravka, aufgewachsen. Ein Bauernmädchen, das von der weiten Welt träumte, es jedoch kaum über die nächste Stadt hinaus geschafft hatte. Als einzige und älteste Schwester von drei Brüdern, warst du nach dem frühen Tod deiner Mutter plötzlich für alles verantwortlich, kümmertest dich um den Haushalt und darum, dass dein Vater und die Jungen saubere Kleidung trugen. So wirklich bist du in diesen Aufgaben nicht aufgegangen – du warst schließlich selbst noch ein Kind gewesen.
Als du bemerktest, dass in dir die Magie einer Grisha schlummerte, hast du alles daran getan, dies zu verheimlichen. Und das gelang dir auch – selbst vor den Prüfern. Du konntest nicht fort und musstest bei deinen Brüdern bleiben. Immerhin waren sie jünger als du und brauchten dich.

Mittlerweile seid ihr alle aus den Kinderschuhen hinausgewachsen. Doch das Dorf hast du noch immer nicht verlassen. Dafür fehlt dir der Mut. Wohin solltest du auch alleine hingehen? Aus Os Alta würde man dich gewiss wieder verjagen. Außerdem ist da noch der Krieg und du bist dir nicht sicher, ob du dafür gemacht bist.
Innerhalb des Dorfes hast du andere Aufgaben übernommen. Aus dem einstigen Wildfang, der früher mit den Jungen über die Wiesen getollt ist, wurde eine Frau, die ihre Meinungen ehrlich vertritt. Vielen Menschen bist du zu direkt und vielleicht auch zu temperamentvoll.
Du verlierst dich gerne in der Kräuterkunde, sie erdet dich, bringt Ruhe in deinen sonst eher unruhigen Geist. An der Seite der Hebamme hast du schon vielen Kindern auf die Welt verholfen und mit deinen Grisha–Fähigkeiten die eine oder andere Wunde geschlossen.
Dennoch scheinst du unglücklich zu sein. Das Leben auf dem Land erfüllt dich nicht und du sehnst dich nach mehr. Was dir jedoch fehlt, kannst du nicht benennen.
Du weißt auch, dass eine Heirat nichts daran ändern würde, was wohl aber auch daran liegt, dass es nicht Männer sind, die dich anziehen. Doch mit dieser Sehnsucht stehst du wohl ziemlich alleine da.

Dein Vater fand mich mehr tot als lebendig in der Nähe eures Dorfes. Mit deinem Wissen über Heilkräuter und dem rudimentären Heilkräften hast du mich durch zahlreiche Infektionen gezogen und mir letztendlich das Leben gerettet. Und dafür bin ich dir dankbar. Du wusstest nicht, dass ich ein Grisha bin und als du davon erfahren hast, hat dich wieder dieser Wunsch heimgesucht. Der Wunsch nach Veränderung.